Hedonismus und Kirche

Dezember 21, 2010 § 2 Kommentare

Im Alltag heissen unsere Pilgerstätten Goldmarie, Mia Mohnstreusel oder Beckett’s Kopf. Wir lassen es uns gut gehen, weil wir es können. Glauben indes spielt in unserem Leben gemeinhin keine Rolle. Wir denken vor allem an unsere Familie, unsere Jobs und ab und zu auch an Tragfähigkeit der Erde. Nicht aber an Gott. Jetzt allerdings ist die Zeit der Einkehr, Besinnung und Ankunft: Weihnachten steht vor der Tür.

Im Alltag haben wir uns längst abgewandt von der institutionalisierten Religion. Wenn wir an der Gethsemanekirche vorbeigehen, dann ist sie für uns lediglich ein Denkmal für die friedliche Revolution im Herbst ’89 oder ein Austragungsort für von uns gelegentlich besuchte klassische Konzerte. Ein Gebäude, auf das wir im Sommer blicken, wenn wir auf der Bank vor der Kleinen Eiszeit sitzen und unser Walnusseis schlecken.

Meine Frau ist einem streng katholischen Elternhaus aufgewachsen und hat sogar einen Onkel, der Pfarrer ist. Heimlich unterhält dieser eine sexuelle Beziehung zu seiner Haushälterin, was zwar verlogen, aber immer noch besser ist, als vieles andere, was wir in diesem Jahr aus der katholischen Kirche hören mussten. Meine Frau ist längst aus der Kirche ausgetreten und würde – wenn sie ein Facebook-Profil hätte – wohl „Atheist“ bei „religiöse Ansichten“ angeben. Einen Teil der ersparte Kirchensteuer investiert sie in verschiedene soziale Projekte, für den Rest kauft sie sich Schuhe. Ich selbst bin evangelisch, aber in einem vollkommen säkularisierten Haus groß geworden, zahle noch immer Kirchensteuern, und frage mich beim Blick auf meinen Steuerbescheid alljährlich, warum ich das eigentlich tue.

Ich habe Zweifel. Die Frage nach der Religion stellt sich im allgemeinen zur Hochzeit (standesamtlich), Taufe der Kinder (ja), Kinderbetreuung und Schule (nichtkonfessionell) und jedes Jahr zu Weihnachten. Die Antworten fallen uneinheitlich aus.

Seit einigen Jahren ist in unserem Freundeskreis der Trend zu vernehmen, Weihnachten gemeinsam in die Kirche zu gehen. Wir haben uns diesem bislang stets erfolgreich entziehen können; schließlich besuchen wir ja auch im restlichen Jahr keine Gottesdienste. Warum sollten wir dies nun ausgerechnet am Heiligabend tun? Mehrfach wurden wir in diesem Jahr jedoch bereits von Freunden gefragt, ob wir zusammen mit ihnen einen Gottesdienst besuchten. Schließlich sei es ja ganz schön, so feierlich und auch für unseren Sohn wertvoll, weil christliche Traditionen und Werte elementare Bestandteile unserer Gesellschaft seien etc. Was ich mich allerdings dabei zunehmend frage: Ist diese Art des Gottesdienstbesuchs am Heiligabend nicht eher eine bigotte Modeerscheinung und folkloristische Tradition? Ein Trend, dem man gerade folgt, weil Gesellschaft, Medien und Politik versuchen, uns weiszumachen, dass es irgendwie dazugehöre, zu Ehren der Geburt Christi ein Gotteshaus zu besuchen?

Können wir nicht ohne Papst und EKD nach Werten leben, die das menschliche Miteinander besser machen? Wir denken: ja. Natürlich ist es uns auch wichtig, die Gesellschaft daran teilhaben zu lassen, dass es uns relativ gut ergeht. Aber brauchen wir dafür wirklich Gesangsbücher und Sakramente? Wir denken: nein. Sicher wäre das Leben leichter, wenn man einen gefestigten Glauben hätte, aber wir haben ihn nun einmal nicht. Die Kirche als Instution mit all ihren überholten Traditionen und Hierarchien hat uns längst ratlos zurückgelassen. Mein Vorsatz für’s neue Jahr: Austreten. Die ersparten Kirchensteuern werde ich selbstverständlich einer Wohltätigkeitsorganisation meiner Wahl zukommen lassen. Wir sind zwar an unserem eigenen Wohlergehen interessiert, aber die reine Lehre des Hedonismus leben wir dennoch nicht. Wir sind Hipster, aber bleiben kritisch.

Yuppies gegen Gentrification

Dezember 20, 2010 § Ein Kommentar

Seit Tagen sind wir damit beschäftigt, Geschenke zum Fest der Liebe für die Unsrigen zu erwerben. Und vor lauter Schlangestehen in der Manufactum-Filiale unseres Vertrauens kommen wir kaum noch dazu, über den Tellerrand zu blicken. Dabei sind wir doch genau dafür da – und es passierte so viel in den letzten Tagen.

Ein bißchen freuen wir uns über das Erscheinen eines neuen lokalen Onlinemagazins, der Prenzlauer Berg Nachrichten. Denn wenn es in unserem Kiez wirklich die größte Sorge ist, dass Schnee und Müll nicht ordnungsgemäß beseitigt werden, dann kann es uns noch nicht allzu schlecht gehen.

Etwas engagierter hingegen geht es in der Provinz zu: Quasi Seit‘ an Seit‘ mit uns schreiten in Hamburg ab sofort die Yuppies gegen Gentrification. Alle hip, alle kritisch. Einzig die lattemachiatotrinkenden Schanzenmütter vermissen wir noch ein wenig und den vielen attraktiven Gentrifizierungskritikern. Aber die kommen sicher auch bald.

Also, der Kampf geht weiter! Oder wie wir im bürgerlichen Hipsterlager zu sagen pflegen: Frohe Weihnachten!

Advent, Advent

Dezember 13, 2010 § 2 Kommentare

Unsere Freunde laden uns zum Adventskaffee ein – und meinen es nicht einmal mehr ironisch. Selbstgebackene Kuchen, heiße Waffeln mit Kirschen und Glühwein. Natürlich nicht dieses billige Fertiggemisch aus dem Tetrapak, sondern selbstgemacht mit allerfeinsten Gewürzen und geriebenen Schalen biologisch angebauter Orangen. Die Damen tragen feine Strumpfhosen mit neckischen Mustern, mit denen sie sich im Alltag nicht aus dem Hause trauen. Die Herren sind glattrasiert und tragen auch am Sonntag ein frisch gebügeltes Hemd. Alle haben toll sanierte Altbauwohnungen in Prenzlauer Berg (zur Not auch Mitte), in denen es sicher ebenso nach Zimt duftet wie hier. Die Kinder entwickeln beim Spielen eine enervierende Dynamik, aber niemand versucht Carlotta und Johannes in ihrer Lautstärke zu drosseln – „Wir waren ja schließlich auch mal jung.“ Heute haben wir selbstredend alle tolle Jobs in renommierten Agenturen und brüsten uns damit, täglich bis 22 Uhr zu arbeiten, um unsere Wohnungen, Autos und Fernreisen zu bezahlen. Aber die Arbeit macht ja auch Spaß, man hat schließlich jede Menge spannende Projekte am Start, über die man sich auch gern noch am Wochenende mit seinesgleichen unterhält. In den Bücherregalen nichts als Stuckrad-Barre, Uslar und Kracht sowie Reiseführer und Kochbücher. Der weihnachtliche Fahrstuhljazz wird direkt aus Cupertino in unsere Aktivlautsprecher gestreamt. Es geht uns gut, das ist die Hauptsache. Niemals würden wir fragen, was eigentlich aus uns geworden ist – und wie das alles weitergehen soll.

SUV

Dezember 8, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Die Winter in Berlin werden immer härter – sogar im Prenzlauer Berg. Bislang waren wir immer zufrieden mit unserem Fünftürer schwedischer Bauart. Wir belächelten Menschen, die in ihren hochgestellten Geländewagen im Stau der Großstadt standen. Aber jetzt, da überall Schnee und Matsch auf den Straßen liegt, und der städtische Räumdienst seinen Aufgaben nicht mehr gewachsen scheint, da denken selbst wir über die Anschaffung eines SUVs nach. Allen ökologischen Bedenken zum Trotz geht es dabei natürlich vor allem um die Sicherheit unseres Kindes. Dafür lassen wir uns dann gern als Citypanzerfahrer verspotten. Unser Gewissen wird weiter rein sein, denn wir werden selbstverständlich ein Modell mit einem Spritverbrauch von unter 20 Liter/100 km auswählen. Unser vordringlicheres Problem allerdings: Wo gibt es eigentlich Winterreifen für unseren Boogaboo-Kinderwagen?

Es ist ein Musical

Dezember 3, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Stoff gibt es dank der Schlagzeilen aus dem Prenzlauer Berg reichlich: Ein Café richtet eine eigene Ecke ein, in der kein Babygeschrei die Arbeit am Laptop stören soll. Und die Polizei fahndet nach Dieben, die gezielt teure Kinderwagen aus dem Hausflur klauen – von der „Soko Bugaboo“ ist die Rede. Zur Weihnachtszeit tauchen Plakate auf, die den Exil-Schwaben eine gute Heimreise wünschen.

Endlich bekommt unser Kiez ein eigenes Musical. Wurde aber auch Zeit. Wir sind lediglich ein wenig traurig darüber, dass nicht gleich ein neue Musical-Theater gebaut wird. Das Publikum wäre jedenfalls vorhanden. Aber man sollte Prioritäten setzen: viel wichtiger wäre zunächst eine eigene Manufactum-Filiale.

Der Tod in der Kritik

Dezember 1, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Der letzte Einwohner Prenzlauer Bergs mit Berliner Wurzeln ist gestern verstorben. Albert Schlotz wohnte seit 1935 am Kollwitzplatz in einer Zweiraumwohnung, deren Miete aufgrund einer Datenpanne noch nicht auf die ortsüblichen 35 €/qm erhöht worden war. Sein Vermieter, ein 27-jähriger pensionierter Oberstudienrat aus Heilbronn, zeigte sich überrascht, dass “so ein Exot” in seinem Haus gewohnt habe …

Mehr zu diesem traurigem Fall lesen Sie auf „Der Kojote – Deutschlands seriösestes Nachrichtenmagazin„.

Konservativ

November 29, 2010 § Ein Kommentar

(via ahoi polloi)

Hipster kritisieren Hipster kritisieren Hipster

November 28, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Samstag gehen wir immer zu fünftzehnt auf den Kollwitzmarkt. Bei Currywurst und Schampus lassen wir die Woche und alle, in diesem Zeitraum auf den Weg gebrachten, Projekte Revue passieren. Nach einer Weile schlendern wir dann immer noch mit ein wenig Schlagseite die Buden ab. Viele von uns erledigen gleich den Wocheneinkauf für die ganze Familie und hauen sich die M-Klasse mit Gutem aus der Region voll. Dieses Mal war alles anders.

Zum einen fiel uns auf, dass unser geschätztes Frühstückslokal „Anna Blume“ keine Heizpilze mehr aufstellt, was wir mit einem „Jetzt so draußen sitzen zu müssen, ist aber schon hart!“ respektvoll in Richtung der 8 Gäste auf der Terrasse quittierten. Erst später bemerkten wir, dass diese 8 frühstückenden Überdurchschnittsverdiener gar nicht so sehr froren, wie wir zunächst annahmen, sondern ihr auf „sehen-und-gesehen“-eingestelltes Antlitz von über 12 unter der Markise angebrachten Strahlern gewärmt wurde. So wohl temperiert lässt sich natürlich vorzüglich über die geschmackvollen Vorteile des regionalen Saison-Bio-Gemüses fabulieren. Sichtlich erschüttert über soviel Ignoranz war mir zumindest der Appetit auf meinen Stamm-Bierkäse vergangen. Der selbstgemachte französische Glühwein zum Kampfpreis von 2,- Euro ließ mich aber wieder selig lächeln.

Irgendwann bemerkte eine Begleiterin, das heute „ja viel weniger Buden als sonst“ aufgestellt sein und fragte, ob das denn wohl am Winter liegen würde? Der hellhörige Gewürz-Salami-Verkäufer (Promotion-Aktion zur Zeit: 3 empfehlenswerte Salami, 10€) schaltete sich prompt in die laufenden Fragerunde ein und beantwortete diese wie folgt: „Jetzt wo alle hierher gezogen sind, weil der Kollwitzplatz mit seinem hippen Ambiente und dem hippen Markt so eine unvergleichliche Anziehung ausübte, wollen die hergezogenen Hipster den hippen Markt nun verbieten lassen.“ Noch während er sprach, reichte er uns eine Unterschriftenliste, die sich gegen das Marktverbot aussprach und in die wir uns pflichtgemäß und hipstergerecht eintrugen.

Kritischer Oberhipster

Kritik daran, einfach nur Gutes zu tun

November 28, 2010 § Ein Kommentar

Also was ich ja total bewundere, das sind diese Marketingprojekte, die die Welt ein wenig besser machen. Marketing ist ja lange Zeit gerade intellektuell auch eher verschrien gewesen, weil es ja hilft, so viel unnützes Zeug in die Welt zu bringen. Mich hat das immer ein wenig geschmerzt. Einerseits bin ich auch irgendwo total dagegen, wenn wir uns alle nur noch als Konsumenten sehen. Aber andererseits ist es doch auch voll erfüllend, eine Sache einfach mal in einem guten Licht dastehen zu lassen, sie elegant zu beschreiben, mit guten Texten und Graphics. Schönes Marketing macht die Welt ja einfach auch schöner. Da sehen wir ja an Apple, die machen die Welt ja auch echt schöner. Die eine Hälfte der Leute am Prenzlauer Berg machen ja den ganzen Tag lang auch nichts anderen (die andere Hälfte sind Rentner, Wolfgang Thierse oder die Arbeitslosen, die noch nicht aus ihren Wohnungen rausgeklagt sind).

Total toll finde ich deswegen Marketingprojekte immer dann, wenn sie zugleich etwas verkaufen helfen, und auf der anderen Seite aber auch die Welt besser machen. Zum Beispiel, wenn ein Telekommunikationsunternehmen sagt „Für jede Minute, die Ihr mit uns zwischen drei Uhr und sechs Uhr morgens telefoniert, spenden wir 1 Ct an ein Brunnenbauprojekt in Wanne-Eickel.“ Oder wenn Krombacher sagt „Für jeden Bierkasten, den Ihr bei uns kauft, pflanzt Günter Jauch einen Baum in seinem Vorgarten.“

Neulich habe ich das mit dem Sven nochmal intensiv diskutiert (er ist Freelance Chief Conceptionist und auch als Creative Advertising Deployment Consultant total aktiv), und da ist uns dann allerdings eine Sache aufgefallen, die ein wenig komisch ist: meistens gibt es ja eine Höchstgrenze bei solchen Aktionen. Also Sternchentexte muss man ja eigentlich nicht lesen, deswegen sind es ja Sternchentexte (also Texte, die für das Leben auf der Erde so wichtig sind wie weit entfernte Sterne). Aber kann man natürlich auch mal machen, und es gibt so Sternchentexte bei diesen Aktionen, wo dann immer drin steht, dass die Spende nur bis zu einem gewissen Maximalbetrag geleistet wird. Um beim Telekommunikationsbeispiel zu bleiben: für das Brunnenbauprojekt werden 1 Ct. pro entsprechendem Telefonat gespendet, allerdings nur bis zu einem Gesamtbetrag von EUR 11,20. Und als kritischer Hipster frage ich mich natürlich jetzt: warum spendet das Unternehmen nicht gleich die vollen EUR 11,20? Könnte es eventuell sogar so sein, dass sie hoffen, bei der Sache womöglich billiger wegzukommen? Falls nämlich weniger Leute mitmachen?

Also ich bin da jetzt kritisch-verwirrt, weil ich ja einerseits total dahinter stehe, Gutes zu tun. Aber andererseits nicht so 100%ig sicher bin, ob das nicht vielleicht letztlich doch ein wenig eine Mogelpackung ist?

Inspektor Helmholtzhipness

Kritik an Charles Bronson

November 24, 2010 § Ein Kommentar

Zeitarbeit in der Kritik

November 23, 2010 § 2 Kommentare

Neulich habe ich mit meinem Freund Sven gesprochen. Gefällt mir gut, der Sven. Also damals in Kassel, wo ich ja in den 80ern aufgewachsen und zur Schule gegangen bin (ja ja, ich bin schon auch ein typisches Mitglied der Generation Golf), gab’s so Typen wie den Sven eigentlich kaum. Also halt Leute, die einerseits irgendwo voll ökologisch drauf sind, aber andererseits das auch mit einer gewissen Coolness so ganz authentisch rüberbringen. Na Sven jedenfalls ist einer der anderen Väter in unserer kooperativen Kita. Der Mareike und mir war einfach total wichtig, dass unsere kleine Anne-Laurence auch in einem echt positiven Umfeld ihre ersten Schritte unter Gleichaltrigen macht, und da fanden wir die Idee, dass wir mit Gleichgesinnten hier aus diesem Multi-Kulti-Umfeld (hier ticken ja alle irgendwo total ähnlich, was ja auch voll schön ist) so ganz kooperativ unsere eigene Kita aufziehen. Und der Sven hat sich da direkt vom Start her auch voll reingehängt. Das war lustig, wir fahren beide einen Touareg und da haben wir uns beim ersten Meeting gleich schon über das Auto voll nett angefreundet, direkt auf dem Parkplatz. Klar, sowas verbindet ja auch.

Jetzt ist die Sache ja die – wenn wir so eine Kita selbst machen, dann ist das schon irgendwie voll spannend, weil wir ja dann auch als Arbeitgeber tätig werden. Das erfüllt mich auch, muss ich sagen, schon mit einer Befriedigung, dass ich da jetzt nicht nur ein total angemessenes Umfeld für unser Kind schaffe, sondern auch gleich Arbeitsplätze. Die Erzieherinnen haben wir uns wirklich mit viel Mühe ausgesucht. Aber wo ich mich jetzt irgendwie auch kritisch frage, ob das so richtig ist (und deshalb bin ich froh, dass ich das hier mal andiskutieren kann), ist die Sache mit den befristeten Arbeitsverträgen. Der Sven ist da total eisern. Das bewundere ich auch. Der sagt: „Wenn es um meinen Jan-Patrick geht, dann fackel ich nicht lange. Der Janni ist ein besonderes Kind, da muss man sich auch ein wenig Mühe geben. Der Junge hat ja nur eine Kindheit. Da muss ich eine Erzieherin in kürzester Frist rausschmeißen können, wenn die nicht angemessen auf die Bedürfnisse meines Sohnes eingeht. Deswegen gibt’s bei uns nur Zeitverträge!“

Wie gesagt, ich finde erstmal total bewundernswert, wie der Sven da auch total seinen Sohn ins Zentrum stellt – denn er hat ja recht, die Kindheit unserer Kinder ist ja wirklich total kostbar. Da darf eigentlich keine Stunde in der Kita eine verlorene, vergeudete Stunde sein. Und insofern supporte ich ihn bei der Haltung natürlich auch. Aber andererseits: wie sozial ist das denn jetzt den Erzieherinnen gegenüber? Ich bin da jetzt erstmal ein wenig verunsichert – natürlich stehen unsere Kinder hier ganz klar an allererster Stelle. Aber führt das dazu, dass wir damit dann als Arbeitgeber letztlich dann liberal-konservative Positionen einnehmen? Das finde ich als Hipster schon ein wenig kritisch.

Inspektor Helmholtzhipness

1952 in der Kritik

November 23, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

1952 muss ein wirklich mieses Jahr gewesen sein. Klar 1952, das war ja auch kurz nach dem Krieg werdet ihr jetzt richtigerweise und ein bisschen altklug einwerfen, logisch war das grausam. 1952 muss sich auch eine Menge Frust angestaut haben. Das Wirtschaftswunder zuppelte so gerade mal los, Deutschland war noch nicht Weltmeister und der Prenzlauer Berg auch noch nicht gentrifiziert. 1952 hat bei manchen Menschen einen tiefen verstörenden Eindruck hinterlassen. So tief in die Seele dieser Menschen, das er gemeinhin sichtbar und dessen Folgen noch heute für jeden zu erdulden sind.

So tief, dass die Kinder der 52-Generation diesen Groll auf das Jahr 1952 auch mit sich herumtragen und bei sich jeder bietenden Gelegenheit zu veritablen Hass wachsen lassen.

Der harte Kern der 1952-Hasser hat sich augenscheinlich in Berlin Prenzlauer Berg zusammengerottet, um dort aus einer extremen supergeheimen Geheimzentrale heraus, alles zu vernichten, was nur entfernt aus dem Jahr 1952 stammt, daran erinnert, damit in irgendeiner Form spielt, oder nur daran denkt.

1952 soll von der Lochkarte der Geschichte gelöscht werden.

Ihr habt davon noch nie etwas gehört, werft ihr jetzt wahrscheinlich entlarvenderweise ein bisschen treudoof in diese Geschichte ein, also glaubt ihr das nicht. Doch, doch es ist aber so. Im Prenzlauer Berg gibt es ein Rudel von Menschen, die das Jahr 1952 aus der kollektiven Erinnerung streichen wollen. Natürlich klingt das im ersten Moment absurd und schwer nachzuvollziehen, aber es gibt handfester Beweise dafür.

Nach allem was über den supergeheimen Geheimbund gegen 1952 herauszufinden war, besteht dieser Club des Hasses überwiegend aus Menschen, die in den letzten 5-6 Jahren aus allen Teilen Deutschlands (Mit Ausnahme des Ruhrpotts) und einigen Metropolen Westeuropas extra in den Prenzlauer Berg gezogen sind, um von dort konzentriert gegen 1952 zuzuschlagen. Kurze Kommunikationswege, niedrige Abstimmungsstufen und die zentrale Lage Berlins waren sicherlich ausschlaggebend für diese Entscheidung. Natürlich sind die Soft Skills vom Prenzlauer Berg  auch nicht zu verachten – kein supergeheimer Geheimbund muss hier an Langeweile sterben. Die Clubszene, die Menschen, die gelebte Toleranz im Prenzlauer Berg, das urbane Gefühl, der Puls der Zeit (ohne 1952), das Gefühl am und der Nabel der Welt zu sein … Welcher geheime Geheimbund fühlte sich nicht davon angezogen?

Um nicht aufzufallen sind die Mitglieder des supergeheimen Geheimbundes voll integriert in das Leben im Prenzlauer Berg. Sie ziehen durch die Clubs im Kiez, oder in Mitte, kennen jeden Ladenbesitzer in der Kastanienallee mit Zweitnamen, haben Anwohnerparkausweise, fahren zum arbeiten in die Agenturen, wohnen in den sanierten Altbauwohnungen, geben ihren Wlans lustige Namen, treffen sich in Cafés zum im Café treffen, essen Frühstück bei Anna Blume und fahren ein Christiania-Fahrrad. Über Politik wird kaum gesprochen, man kann sie sich ja leisten. Nichts auffälliges deutet also auf die Existenz des supergeheimen Geheimbundes 1952 hin.

Nur jetzt, jetzt sind sie an das Tageslicht getreten. Jetzt haben sie sich zu erkennen gegeben. Jetzt haben sie es durchgezogen. Aber zugegeben, die Verlockung war zu groß. Direkt vor der Haustür, im schönen Prenzlauer Berg, in Sicht- und Hörweite – da stand sie, die Ausgeburt der Hölle 1952. Das konnte der supergeheime Geheimbund nicht dulden und hat zugeschlagen.

Oder wie würdet ihr euch erklären, dass der Knaack Klub zum Jahresende wegen seiner Geräuschkulisse schließen muss? Bevor ihr antwortet, bedenkt: Der Knaack Klub ist schon ewig in der Greifswalder Straße – richtig, seit 1952.

Kritik mit Soße

November 19, 2010 § Ein Kommentar

Wenn wir aber eines wirklich können, dann feiern. Das machen wir jetzt mit euch. Kettet den Boogaloo-Kinderwagen fest, parkt den Saab in der Garage, bringt das Bio-Porree in die Küche, raus aus den AA-Klamotten und dreht durch. Mit Duck Sauce und „Barbra Streisand“:

Wir wünschen euch ein schönes Party-Wochenende!

Identitäten in der Kritik

November 19, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Ihr wisst immer noch nicht, was ein Hipster ist? Nun, das ist alles eine Frage der Definition und sehr relativ. Wie relativ zeigt dieses Comic von dustinland:

Jetzt verstanden? Nein?
Dafür sind wir ja da.

Gott in der Kritik

November 19, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Das wird unseren wertkonservativen Lesern nicht schmecken, aber Gott irrt. In vielen Dingen anderer Natur, aber besonders hier. Der Hipster ist berechtigtes Ziel für vielerlei Kritik, für die Facebook-Nutzer ist er allerdings nicht verantwortlich zu machen. Deshalb fragen wir offensiv zurück: Was macht Gott bei jedem abgegebenen YouTube-Kommentar?
Eine Diskussion, die sich nicht nur im Kreis dreht, sondern alles ad absurdum führen würde, wofür Gott vermeintlich steht. Oder ist dieses Bild animierender Natur? Ein Aufruf zur aktiven Ermutigung Gottes, damit er sein grausames Werk vollendet? Das würden wir kritisieren.


Gefunden im Erdsektor.

Der Verband Kritischer Hipster in der Kritik

November 19, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Im Zusammenhang mit dem unserem Interview auf jetzt.de erreichte uns eben folgende Mail (Wir haben alle Namen anonymisiert):

Hallo zusammen,
auf die Gefahr hin, spießig zu wirken: Folgende Mail habe ich gerade an … geschrieben. Aber vielleicht wollt ja auch Ihr den Sachverhalt aufklären.

(Ich selbst bin in keiner Partei, noch mache ich für eine Werbung. Und eigentlich wollte ich da gar nicht soviel Aufhebens drum machen, bis ich heute Morgen beim Frühstück aus Langeweile die nichtsahnenden Kommentare der jetzt-Basher überflogen habe. Ganz in Ordnung finde ich das nicht.)

Die freundlichen Grüße am Ende des Zitats gelten natürlich genauso Euch wie ihm.

Tach,

sag‘ mal, hälst Du das (nicht nur journalistisch) für in Ordnung, in dem Interview mit dem Verband Kritischer Hipster mit keinem Wort zu erwähnen, daß es sich sich dabei um eine Online-Guerillaaktion der SPD handelt, um im Berliner Wahlkampf die Grünen zu bashen und den Wowereit zu pushen?

Ich habe mich tatsächlich durch alle Kommentare des Artikels geklickt und nicht einem der Senfablasser scheint der politische Hintergrund klar zu sein.

Für mich liegen zwei Vermutungen nahe:
1) Du kennst die Urheber sowie ihre wahlkämpferischen Ziele und hast diesen Fakt bewußt verschwiegen.
2) Du bist denen komplett auf den Leim gegangen. (Zugegeben: Zum Interview-Zeitpunkt ist die SPD-Herkunft noch nicht so offensichtlich gewesen.) Trotzdem wäre ein Artikel-Update zur Klarstellung fällig, wie ich finde.

(Sollte es tatsächlich die zweite Annahme sein, dann gebe ich Dir ein paar Stunden zur Stellungnahme, bis ich einen öffentlichen Kommentar mit ähnlichem Inhalt abgebe. Verstehe das bitte nicht als Drohung. Ich schicke jetzt erst einmal eine Mail an den Verband Kritischer Hipster, um dort ebenfalls nachzufragen.)

Daraufhin haben wir ihm geantwortet und die Antwort natürlich auch zu jetzt.de geschickt.

Guten Tag,

das wirkt nicht spiessig, das ist schlicht falsch. Das ist keine Online-Aktion der SPD. Das einzige, dass uns mit dieser Partei verbindet ist, dass eine Freund von uns einen inoffiziellen Twitteraccount für Wowereit 2011 macht. Diese Timeline war seit Launch der Seite eingebunden und nie versteckt. Ja, die grüne Politik ist Teil der Kritik, weil sie Teil unserer Welt ist, aber nicht Hintergrund der Seite. Es gibt nicht einmal einen inoffiziellen Zusammenhang mit der SPD. Wir mögen Wowereit, verbünden uns aber deshalb nicht mit der Partei. Deine Annahme ist schlicht falsch.

Mit kritischen Grüßen
Verband Kritischer Hipster

Wir finden das äußerst bemerkenswert und haben uns entschlossen das öffentlich zu machen. (Eingeordnet ist dieser Beitrag übrigens in die Kategorie „politics my ass“ – just named it.)
Nach nochmaliger Rücksprache mit allen Mitgliedern haben wir uns entschlossen, den Twitterkanal von @wowereit2011 von unserer Webseite zu nehmen. Nicht das es noch einmal zu Vermischungen kommt, die wir nicht wollen.

Cool in der Kritik

November 19, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Hip oder Hipp – Orthografiephilosophie ist ein Diskussionssammelbecken spaßbefreiter Klassenstreber. Solche Menschen geben auch Lexika „der Jugendsprache“ heraus, oder sitzen bei Markus Lanz im Studio. Nun macht sich Thomas Kramar vom österreichischen Fachblatt für bürgerlich-liberale Gegenwartsdefinitionen „Die Presse“ auf, dem geneigten Leser bei einer Melange zu erklären, was es denn nun mit dem Wort Hip auf sich hätte und kommt dabei zu sehr irrigen Annahmen, wie dieser hier:

Wozu braucht man das Wort „hip“ eigentlich? Ganz praktisch gesprochen: Es leistet immer dann gute Dienste, wenn das Wort „cool“ gerade eine Krise wegen inflationärer Verwendung durchmacht.

Dem wollen, nein besser: Dem müssen wir widersprechen. Zunächst einmal, weil das Aufgabe der Kritik ist, zweitens weil es grundlegend falsch ist. Cool ist der nervige Cousin von Hip. Wenn etwas cool ist, hat es den Mainstream erreicht und ist damit schon nicht mehr hip. Das muss einleuchten.

Es erklärt sich aber natürlich, warum Kramar sich hier in Vergleichen verliert, die zu falschen Schlüssen führen: Er bedient das gleiche bürgerliche Publikum, dass hier die eigenen Körper plus Kinderwagen durch den Prenzlauer Berg oder Mitte manövriert. An Worten wie cool kann man sich abgleichen, das Wort kennt der geneigte Bürgerliche. Mit cool grenzte man sich ab, bewertete andere und hielt so die hierarchischen Strukturen in der Dorfdisko aufrecht. So funktioniert noch heute das Abgrenzungsverhalten. Cool ist deshalb konservativ und wählt schwarz-grün. Hip ist immer progressiv. Das ist unsere Definition und wir schreiben Hip statt hipp. Wenigstens das sieht Kramar ähnlich. Aber bitte lest den gesamten Artikel „Der Hipster ist nicht hipp, aber noch ganz munter“ auf diepresse.com.

Apropos „Lexikon der Jugendsprache“ – Jan Delay, ein Vorbild für uns, hat dazu auch noch eine relevante Meinung:

Was wir im Netz kritisch lesen

November 18, 2010 § 2 Kommentare

Wir sind hier ja noch alle in der gegenseitigen Aufwärmphase unseres Verbandes, also ihr mit uns und wir mit euch, und deshalb wollen wir diesen Ort auch nutzen, um hin und wieder Einblicke in unsere Welt zu geben. Dafür werden wir oft Sekundärtugenden beschreiben, wie etwa Musikverständnis, Literaturvorlieben, Modegeschmack und Liebesdinge. Wir glauben, dass man sich so am besten kennenlernt. Heute wollen wir euch ein paar interessante Menschen und Projekte aus dem Internet vorstellen, die wir gern lesen, vor allem um uns inhaltlich und ideologisch abzugleichen. Zunächst ein paar Blogs, ein paar Twitterempfehlungen und noch einzelne Facebookseiten. Vielleicht ist ja etwas dabei, was euch gefällt, wenn nicht – auch gut. Dann wisst ihr aber wenigstens, wo wir uns so rumtreiben.

Blogs
Alle Mitglieder des Verbandes Kritischer Hipster haben ihre eigenen Lieblingsblogs im Feed-Reader. Hier wollen wir euch hier den Konsens aller darlegen. Der Konsens ist übrigens nicht immer nur auf „hey, toll„, sondern auch manchmal durch „streitbar, schwierig und zu mainstream“ entstanden. Wie wir wen bewertet haben sollt ihr allerdings für euch selbst entdecken. Wir kauen euch nichts vor.

Twitter
Wir alle lieben Twitter und alle Mitglieder des Verbandes haben auch ihren eigenen Account. Manche Teilnehmer sind bekanntere Twitterinnen und Twitterer und manche schicken ihre Tweets eher unter dem Radar ab. Dennoch haben alle auch hier ihre Favoriten, die wir euch kurz vorstellen wollen. Auch hier galt das angewandte Konsensprinzip.

Facebook
Bei Facebook gestaltete sich die ganze Angelegenheit schon deutlich schwieriger. Die Konsensfindung war nicht so leicht, weil sich herausstellte, dass zwischen allen Band-Fanpages, und Modeseiten und Fanpages von Blogs, die wir zum Teil schon oben verlinkt haben, so richtig tolle Sachen sehr schwer zu finden sind. Aber auf drei Pages konnten wir uns dann doch einigen:

We like! Ihr auch.

Jetzt Musik:

Der Verband Kritischer Hipster im Gespräch mit jetzt.de

November 17, 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Drei Tage nach dem offiziellen Start unseres kleinen Blogs haben wir schon die Gelegenheit bekommen, dem wichtigsten Online-Fachmagazin für heranwachsende Hipster, http://jetzt.de*, ein paar Antworten auf brennende Fragen zum Hipstertum und Hipster-Sein zu beantworten und noch nebenbei erklärt, was das Ganze hier soll. Ob uns das im vollen Umfang gelungen ist, liebe Leserinnen und liebe Leser und auch liebe interessierten Hipster, müsst ihr kritisieren. Dort direkt unter dem Artikel, oder qualifiziert auch hier bei uns.

Ein kleiner Auszug zum warm werden lest ihr an dieser Stelle, zum gesamten Artikel geht es nach dem Klick.

Und was ist jetzt ein „kritischer Hipster“?
Wir sind Menschen, die sich zwar als Teil dieser Hipster-Schublade sehen. Trotzdem stehen wir gesellschaftlichen Entwicklungen kritisch gegenüber. Das Hipstertum wird grotesk, wenn man mit einem SUV vor dem Bioladen parkt oder zu einer Cluberöffnung nach London mit einem Billigflieger fliegt. Was uns auch nervt, ist das scheinheilige Gelaber über Multikulti: Hier am Prenzlauer Berg geben sich die Leute alle sehr tolerant. Tatsächlich kennen sie aber höchstens Greencardinder und den türkischen Obstverkäufer. Wer wirklich andere Kulturen sehen will, muss den Prenzlauer Berg verlassen.

Den gesamten Artikel „H&M ist unser Tod“ nach dem Klick auf jetzt.de weiterlesen.

*Jetzt.de ist neben der NEON das zweitwichtigste Informationsmedium des hipteren Nachwuchs bis 15 Jahre. Auch wichtig: `hipteren´als hipteeren lesen – das Wort habe ich gerade erfunden.

Weitere Presseanfragen können natürlich jederzeit an uns gestellt werden.

Extra3 zeichnet kritisches Stimmungsbild aus Hamburg

November 16, 2010 § Ein Kommentar

Die nie um Kritik verlegene, einzige Satiresendung im deutschen Fernsehen „extra3“ zeichnet ein düsteres Stimmungsbild der ehemals so hippen schwarzgrünen Hamburger Regierung und deren Ergebnisse. Besonderes Augenmerk legt dabei die Redaktion allerdings auf die Grünen, obwohl auch der Bündnispartner CDU hinreichend großes Objekt der Kritik sein müsste. Dennoch, wir goutieren den Versuch der humoristischen Auseinandersetzung mit den grünen Realitäten, sehen wir uns doch von Träumen von dergleichen Regierungskoalitionen im eigenen Berliner Umfeld umzingelt.

Extra 3: Das Erfolgsgeheimnis der Grünen

Zum Video-Beitrag auf das Bild klicken!

Kritischer Oberhipster